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Südafrika 2oo3 - Schools out

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Sonntag, 16 Nov 2003
Am Fr. war die erste Schulwoche zu Ende. Abends gabs ne kleine Abschiedsparty. Ich weiss nun, was das Blubb Spiel ist: mehrere Leute sitzen im Kreis, der erste sagt eins, der zweite zwei usw. Keiner darf die Zahl 7 sagen, sondern Blubb. Das gemeine ist, auch Zahlen mit Quersumme 7 und durch 7 teilbar sind nicht erlaubt. Und wer statt blubb 25 oder 28 sagt, der muss einen kleinen Schluck trinken. Zuerst gabs Wodka, dann Wein. Nach einigen Runden wurden die Fehler dann immer schlimmer. Wer was trinken musste, darf dann die erste Zahl bestimmen, ab der es weiter geht. Dumm, wenn man mit 142 anfängt :-)

Mit leichtem Schwipps gings dann in den Club 69 in der Longstreet. Ganz netter Laden, ziemlich buntes Publikum und gute abwechslungsreiche Musik. Irgendwann gabs bei mir dann aber Filmriss. Weiss nur noch, das ich im Auto heimgefahren wurde. Am nä. Morgen war ich dann ziemlich im Eimer. Um 8 Uhr, nach wahrscheinlich nur drei Std. Schlaf, hiess es aufstehen: Flugwetter. Endlich. Aber mit meinem dicken Kopf? Keine gute Idee. Nach einem english breakfast mit viel O-Saft gings 30km ausserhalb an die Küste zum fliegen.

Der Kopf war inzwischen ein bissl klarer und so klappte es nach ein paar Startproblemen auch mit dem fliegen. Da mein Schirm wegen fehlender Karabiner out of Order war, bot mir Jacco seinen Gleiter an, einen französischen Jumbe. Ich war ganze baff und fragte, ob das sein ernst sei. Schliesslich sah er mich heut zum ersten mal. War immer wieder erstaunt, wie locker die Leute hier sind. Nach 20 Minuten Küstensoaring versuche ich wieder zu landen, aber der Wind hat aufgefrischt und ich komme nicht auf den recht schmalen Landeflecken runter. Lasse mich dann ein wenig die Küste runtertreiben und lande auf einem grösseren Flecken mitten in den Dünen. Dort konnte ich bequem zur Strasse laufen. War nur ein kleiner Spaziergang.

Aus der Luft und auch schon auf der Hinfahrt sah ich die Townships. Einfache Wellblechhütten, dicht an dicht über einige Kilometer seitlich des Highways. Schrecklich anzusehen für mich Europäer. Einige der Studenten haben ein Township mit einer gebuchten Tour besucht und waren ziemlich entsetzt über die Zustände. Und das war sicherlich eines der besseren Townships. Es gibt dort kaum Strom, die Menschen wohnen auf engstem Raum zusammen, kein fliessend Wasser, gekocht wird mit Holz oder wer es sich leisten kann, mit Propangas aus der Flasche. Leider kommt es des öfteren zu Bränden in den Townships, die schnell um sich greifen, da es mit Brandschutz dort wohl nicht gut aussieht.

Bei der Hitze derzeit (30Grad etwa) sind die Wellblechhütten sicherlich wahre Backöfen. Und ich fliege hier einen knappen Kilometer neben den Townships an der Küste mit einer Ausrüstung, die wahrscheinlich mehr kostet, als manche dieser Menschen in ihrem Leben verdienen werden. Das Leben ist manchmal ganzschön absurd. Ich bin ziemlich dankbar, das ich auf dieser Seite der Strasse bin. Ein paar Kinder kommen aus dem Township und winken uns zu, als wir da hin und her soaren. Solche Begegnungen bringen einen mal wieder runter, vom Jammern auf hohem Niveau.
Zum Sonnenuntergang gehen wir am Leuchturm in Milnerton ins Maestro's. Man hat einen wundervollen Blick auf den Tafelberg und Kapstadt und das Essen ist wiedermal sehr lecker. Es gibt Schnecken und Muscheln, die ich mir mit viel Genuß schmecken ließ.

Am Strand, der hauptsächlich für Sportarten wie Kite- und Windsurfen genutzt wird und eher selten zum baden, da hier ständig ein recht guter Wind weht, springen einige Leute ins eiskalte Wasser. Auf dem Heimweg fährt hinter uns ein Auto ohne Licht. Mir wird folgende Geschichte dazu erzählt: es gibt hier verschiedene Gangs. Wenn man in eine aufgenommen werden will, fährt man ohne Licht und wenn dann jemand die Geisterfahrer darauf hinweist, das sie ohne Licht fahren, dann müssen die Neulinge diese erschiessen. Als Mutprobe und Aufnahmeprüfung.
Hab ja bisher einiges über die Kriminalität hier in Kapstadt gehört, aber das ist mit Abstand das verrückteste.

An fast allen Privathäusern stehen Schilder, auf denen steht Armed Response. Will heissen, wenn jemand einbricht, kommt der Sicherheitsdienst und es wird scharf geschossen. Fenster im Erdgeschoss sind grundsätzlich vergittert, bestimmte Taxis sollte man meiden und die Kleinbusse, die zu hunderten durch die Stadt flitzen und den öffentlichen Nahverkehr bilden, sollte man auch eher vorsichtig und am besten nicht allein benutzen, schon garnicht Nachts. Wir haben uns die Kleinbusse von der Schule rufen lassen. Da konnte man halbwegs sicher gehen, an die richtigen zu geraten. Und Taxis am besten vom Restaurant aus bestellen lassen.

Nicht nur, das in der Stadt eine gewisse Art Anarchie herrscht, es scheint auch sehr viel Gewalt zu geben. In der einen Woche Schule habe ich von vier Studenten gehört, die überfallen und ausgeraubt worden sind oder denen das Auto aufgebrochen und leergeräumt wurde. Einem wurde sein Handy geklaut.

Er ist dann zu einem Schwarzen hin, der scheinbar mit den Dieben zu tun hatte und hat ihm 500 Rand geboten, wenn er das Handy besorgt. Ihm waren die gespeicherten Nummern wichtig. Der Typ brachte das Handy wirklich zurück, kassierte und meinte, wenn er irgend etwas braucht, Drogen, Frauen, Waffen, soll er sich einfach bei ihm melden. Crazy. Und selbst viel Captonians sagen, das die Stadt keine Regeln kennt. Auf Dauer wäre die Stadt, glaube ich nix für mich.

Ich denke mal, als Tourist, der mal ein paar Tage in der Stadt ist kann man schlecht sagen, ob es gefährlich ist oder nicht. In Frankfurt werden auch jeden Tag Leute ausgeraubt, ich würde aber nicht sagen, das Frankfurt unsicher ist. Am Do. bin ich zu Fuss nach Downtown gelaufen von Greenpoint aus und hab mich dabei zwar bissl mulmig gefühlt, aber nicht unbedingt unsicher. Nachts sieht die Sache wahrscheinlich anders aus.

Da ist es sicherlich besser, wenn man nicht allein geht. Und Grundregeln wie keine grossen Geldbeträge zeigen, Brieftaschen, Kameras etc. daheim lassen und versuchen, wie ein Capetonian auszusehen, um Ärger aus dem Weg zu gehen sind wohl das mindeste, was man beachten sollte. Wenn man bedenkt, das einige Millionen Schwarze in den Slums um Capetown wohnen, dann wundert es mich doch, das die hier noch nicht eingefallen sind und alles platt gemacht haben.




( auf die Bilder klicken für größere Ansicht; neben die Bilder klicken zum schließen )

stehen die alle falsch?

Slums neben

der Autobahn

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Klippenstartplatz

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Milnerton

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